„Die globale Finanzkrise begann als amerikanische Immobilienblase. Und jetzt erleben wir eine Immobilienblase. Unsichere Anleger investieren nicht mehr in Aktien, sondern in Häuser und Wohnungen – Betongold. Wenigstens ein bisschen Sicherheit in einer schwankenden Welt. Lange hab’ ich geglaubt, dass hat alles nichts mit mir zu tun. Bis zu jenem Tag, als ich eine Modernisierungsankündigung erhielt.“
Mit diesen knappen Worten eröffnet Katrin Rothe ihren Dokumentarfilm „Betongold – Wie die Finanzkrise in mein Wohnzimmer kam“, bebildert den Anfang aber nicht dokumentarisch, sondern mit einemTrickfilm. Bei „schwankender Welt“ wackelt der Globus, die Autorin selbst liegt als ihre eigene Protagonistin auf dem Sofa, als die Modernisierungsankündigung herein schwebt. Der Trick gibt dem schweren Thema etwas Leichtes - aber er will mehr. Wenn die Maklerin später potentielle Käufer durch die Wohnung führt, wechselt der Film immer wieder vom Dokumentarischen in animierte Szenen. Damit gelingt es Rothe, Situationen festzuhalten, bei denen die Kamera wohl am Widerstand der Maklerin gescheitert wäre oder an der juristischen Gegenwehr des Investors, der bis heute mit allen Mitteln versucht, die Berichterstattung über seine Methoden zu verhindern. Die Animation bringt die Situationen vielleicht sogar besser auf den Punkt, als es die Kamera gekonnt hätte.
Mehr als zwei Jahre begleitet die Regisseurin Katrin Rothe mit der Kamera alle Winkelzüge des Investors, der das Haus gekauft hat: Aus den Mietwohnungen will er luxuriöse Eigentumswohnungen machen. Die alten Mieter sollen vertrieben werden, denn leere Wohnungen verkaufen sich am besten. Diesen Umwandlungsprozess zeigt Rothe, die selber in diesem Haus wohnt, ganz aus ihrer Perspektive als Mieterin. Auch alle Nachbarn wollen zunächst wohnen bleiben und sich gegen Luxussanierung und Verdopplung der Mieten wehren.
Leistet der Trickfilm in bestimmten Situationen mehr, als es die dokumentarischen Aufnahmen vermocht hätten? Und hilft die ganz subjektive Sicht der Betroffenen, die abstrakten, oft kaum nachvollziehbaren Winkelzüge von Immobilienhaien und Maklern sichtbar zu machen? Besser jedenfalls, als es die Erklär-Stücke herkömmlicher Filme mit Hilfe von Graphiken und Schwenks über die Hausfassaden der Verantwortlichen leisten.
Die Marler Jury verlieh der Regisseurin in diesem Jahr für „Betongold“ den Grimme-Preis in Gold. Und bei der Duisburger Filmwoche wurde Katrin Rothe mit dem 3sat-Preis für den besten deutschen Dokumentarfilmpreis 2013 ausgezeichnet.
"Während atemloser 52 Minuten lässt uns die Filmemacherin teilhaben an ihrem Kampf gegen ein Monster", heißt es in der Jurybegründung. "Mit spielerischer Leichtigkeit, umwerfender Selbstironie und einem messerscharfen analytischen Verstand macht sich die Regisseurin daran, einer Maschinerie zu trotzen, die sie zu verschlingen droht. Und dadurch, dass sie uns ganz konkret zeigt, wie frau das macht und, dass man sich wehren kann, macht sie uns Mut, es ihr gleichzutun."
http://www.betongold-der-film.de/